EIn Gläschen Wein auf der Terrasse

Lucca, die Vierte: Planänderung! Immer anders, als man denkt

OstuniNein, ich bin nicht mehr in Lucca und arbeite auch nicht mehr 10h am Tag. Zumindest vorerst nicht mehr. Aber ja, mir geht’s gut! Ich bin wieder unterwegs und reise ein bisschen durch Italien.

In der letzten Zeit habe ich im Ristorante gemerkt, dass ich mich dort doch nicht so richtig wohlgefühlt habe. Es war mir irgendwie alles ein bisschen zu eng und konservativ. Mit zwei Chefs (einer im Service und eine in der Küche) zusammenzuarbeiten, war auch nicht so einfach. Es war eigentlich immer irgendwas und dann auch weniger Geld, als gedacht. Sicher, ich hätte weiter machen können, weil im Großen und Ganzen alles ok war. Aber ich wünsche mir was anderes. Vom Sommer in Italien habe ich mir mehr versprochen, als pausenlos zu arbeiten in einer Umgebung, die mir noch nicht mal so richtig gut gefällt. Vielleicht ist das blauäugig, diese Sicherheit der Arbeit in Italien zu verlassen, aber das ist mir momentan ziemlich egal. Sicherheit hin oder her, ich werde schon was finden. Das Herz hat entschieden und fühlt sich so sehr viel wohler. Es ist genau die richtige Entscheidung.

Wenn ich zurückkomme, versuche ich in Lucca einen Job in einem Cafe oder Restaurant zu bekommen, indem mehr junge Leute arbeiten. Die habe ich nämlich immer noch nicht so richtig kennengelernt. Ich verstehe mich gut mit meiner Exkollegin, die immer abends mit mir zusammengearbeitet hat, mit einer Frau, die in einer Bar arbeitet und mit meinem Mitbewohner. Aber der Kontakt zu anderen Leuten ist definitiv noch ausbaubar! Trotzdem fühle ich mich sehr wohl in Lucca und irgendwie auch ein bisschen zuhause.
Piazza dell'Anfiteatro in Lucca

Mit Mini und anderen Leuten aus Lucca habe ich mich jetzt schon öfter getroffen, wir hatten schöne Abende auf schönen Terrassen, mit leckerem Essen und gutem Wein. So hab ich mir den Sommer nämlich eher vorgestellt in Italien! Naja, aber das Geld kommt ja leider nicht von irgendwo… Schade eigentlich!

Letzte Woche Freitag habe ich also gekündigt und hatte Sonntag meinen letzten Arbeitstag. Montag habe ich mich dann in einen Reisebus gesetzt, der mich über Nacht einmal quer durch Italien gefahren hat. Genauer gesagt nach Ostuni, das ist eine Stadt in der Nähe von Bari und ganz im Süden Italiens. Die Fahrt hat 14h gedauert und war ziemlich anstrengend, aber finalmente bin ich hier gut angekommen.

Grund für diese Reise war eine Einladung von Jayne, der Engländerin, die ich, ganz am Anfang meiner Reise, in Lucca getroffen habe. Das Angebot habe ich natürlich gerne angenommen, als ich mich von der Arbeit verabschiedet habe. Wir haben hier in zwei Appartements gewohnt. Das erste war nicht direkt im Stadtzentrum. Ich fand die Atmosphäre toll, weil dort die Einheimischen gewohnt haben. Ich bin jeden Morgen zu einem Fruttivendolo, einem Obst- und Gemüseladen, spaziert und habe alles gekauft, was wir an Obst so brauchten. Ich wurde immer wieder auf eine neue Art und Weise empfangen: Von „Buongiorno Principessa“ bis „Ciao Cara“ und „Buongiorno Bella“ war alles dabei. Zusätzlich zu den Lebensmitteln, die ich kaufte, gabs dann immer noch Kleinigkeiten geschenkt und es wurde kurz gequatscht. Diese kleinen Unterhaltungen fallen mir jetzt schon viel leichter. Ich kann besser drauf los erzählen, ohne mir unendlich viele Gedanken zu machen, wie ich dieses oder jenes jetzt am besten formulieren könnte. Und das Beste ist: Italiener antworten auf italienisch und versuchen nicht auf englisch zu antworten, weil sie denken, dass ich das besser verstehen könnte! Nach dem Fruttivendolo gings ab in die Bar von gegenüber, da wurden dann 2 Cornetti „da portare via“ bestellt. Gegessen haben wir dann auf der Terrazza, mit Blick auf die Bar und den Fruttivendolo! Jetzt sind wir in einem anderen Appartement, genau in der Altstadt, es ist an sich schöner, als das andere, aber hat nicht diesen Charme von „typisch italienisch“. Hier sind nur Touris und alles ist teurer. Keine älteren Herren, die man beim schnattern beobachten kann und ihren Spaß haben, keine hupenden Autos, die sich kurzzeitig gegenseitig blockieren und non stop zu hupen beginnen, keine „Ciao“ Rufe über die ganze Straße. Eher Geschirrgeklapper aus den nahe gelegenen Restaurants und ruhige Gespräche von Touristen.

Aber insgesamt fühle ich mich gut! Frei. Ich habe mich während der Arbeit immer wieder gefragt, was ich eigentlich aushalten muss in Italien oder besser gesagt, was ich aushalten will. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich überhaupt nichts aushalten muss, deshalb habe ich die Entscheidung zur Kündigung getroffen!

Und jetzt bin ich hier, in Ostuni, und genieße Italien in vollen Zügen. Die Stadt erinnert ein bisschen an Griechenland, fast alle Häuser sind weiß. Deshalb wird sie auch „la città bianca“ genannt und hat irgendwie etwas magisches. Die Leute sind schon anders hier im Süden, gelassener und auch kommunikativer, als in Lucca. Gestern haben wir mit zwei italienischen Opis gesprochen, die meinten, dass die Leute in Lucca nur an die Arbeit denken würden und ihr Leben nicht richtig genießen, hier wäre das ganz anders. Und ich glaube, dass das in irgendeiner Form wirklich stimmt. Ich hab keine Ahnung, wie die hier so ihr Leben finanzieren, aber es scheint irgendwie zu klappen.

Wir sind viel am Strand, liegen in der Sonne, kochen, gehen essen und trinken und lernen immer mal wieder neue nette Leute kennen. Morgens gibt’s immer noch ein Cornetto gefüllt mit Marmelade, Obst und einen Cappuccino. Das ist mein Ritual des ganzen Aufenthalts xD

Ich habe hier eines der besten Essen gegessen, das ich in Italien bekommen habe. Wir waren in dem kleinen familienbetriebenen Restaurant „Spessite“ das ganz versteckt in der letzten Ecke der Altstadt liegt. Der halbe Liter Rotwein hat uns 4€ gekostet und das 3gängige Menü, was jeder gegessen hat, insgesamt 19€. Die Vorspeise bestand aus ungefähr 6 kleinen Tellern mit unterschiedlichsten Kleinigkeiten, dann gabs Pasta. Ich habe eine neue Lieblingspastasorte: Orcchietti, kleine halbrunde Nudeln, die mit Knoblauch und Brokkoli zubereitet wurden. Dann noch eine kleine Rinderroulade und als Dessert Melone und typische Kekse aus der Gegend. Das war ein Träumchen! Gestern waren wir in einem Restaurant, das bekannt für seinen Holzkohlegrill ist, und es gab wieder Orcchiette und ein super Steak.

Aber auch das selber kochen macht ihr super viel Spaß. Das ganze frische Gemüse schmeckt super intensiv und verhält sich teilweise auch irgendwie anders beim Kochen, als in Deutschland. Ich bin noch am Ausprobieren. Und ich habe endlich Brötchen gefunden, die außen nicht so hart sind wie Stein xD

Am Montag fahre ich nach San Benedetto del Tronto. Dort besuche ich eine italienische Freundin, die ich in Berlin kennengelernt habe. Sie arbeitet in Berlin und wollte ihr deutsch verbessern, ich italienisch lernen. Wir haben uns durchs Internet kennengelernt und sind inzwischen richtig gut befreundet. Ich bin sehr gespannt, weil das dort so richtig italienisch werden wird. Ich wohne für zwei Tage bei ihnen und freu mich schon sehr darauf! Falls jemand von euch eine Sprache lernen will, kann ich einen „Tandempartner“ nur empfehlen, weil man von einem Muttersprachler lernen kann und nichts bezahlen muss, weil man sich gegenseitig mit der eigenen Sprache hilft.

Am Mittwoch fahre ich dann voraussichtlich wieder nach Lucca und kümmere mich um meinen Job. Drückt mir die Daumen, ein mulmiges Gefühl habe ich schon irgendwie und hoffe, dass das alles so klappt… Drückt mir die Daumen! Aber ich habe allen Leuten bescheid gesagt, die ich inzwischen kennengelernt habe und die hören sich auch schon um. Ich bin gespannt! Dann beginnt Lucca, die Zweite.

Liebste Grüße,

Ronja