Der Blick vom Torre auf den Piazza dell'Anfiteatro

Lucca, die Dritte. Mal glücklich, mal weniger glücklich.

Meine Lieblingsravioli mit einer Soße aus Sahne und Walnüssen. Gefüllt mit Ricotta und Spinat

Inzwischen sind schon etwas mehr als 1 ½ Monate vergangen, seitdem ich hier angekommen bin. Meistens geht es mir ziemlich gut: Ich genieße die Sonne, liebe Menschen, viel Energie, Cappuccini und gutes Essen. Es gibt allerdings eine Sache, die mir ziemlich zu schaffen macht: Es sind die Kontakte, die ich immer wieder neu knüpfe. Momentan lerne ich zwar etliche Menschen kennen, die meisten von ihnen sind allerdings Touristen. Das heißt also, dass sie nach einer kurzen Zeit wieder irgendwo anders hinfahren. Und ich bleibe. Es ist nicht so, wie in Neuseeland, wo wahnsinnig viele Leute sind, die das Gleiche im Sinn haben, wie ich. Die Leute, die hier sind, haben ihr geregeltes Leben, ihre Familien und Freunde und sind nicht darauf angewiesen, dass sie jemand anderen kennenlernen.

Ich habe ja vor einem Monat Jayne aus England kennengelernt, sie ist einen Monat hier geblieben und wir haben uns in dieser Zeit immer wieder getroffen und nette Abende auf ihrer Terrasse verbracht mit Wein und Käse und einer fantastischen Aussicht auf den Piazza dell’Anfiteatro, einem wichtigen Platz in Lucca. Eine Nacht bin ich dort geblieben und habe auf der Terasse geschlafen. Das war tatsächlich himmlisch, der Sonnenaufgang war so schön! Letzte Woche ist Jayne allerdings weitergereist. Da war ich schon ganz schön geknickt.

Am Freitag habe zwei liebe Spanierinnen kennengelernt, sie waren leider nur einen Abend in Lucca. Vorgestern habe ich Gigi getroffen, eine Brasilianerin mit der ich mich sehr schnell verstanden habe. Aber auch sie ist heute wieder nach Hause gefahren… Wir waren zusammen auf einer der wichtigsten Sehenswürdigkeiten Luccas: Dem Torre Guinigi. Dieser Turm wurde im 14. Jahrhundert von einer sehr (einfluss)reichen Familie gebaut und wir haben die 230 Stufen erklommen, um auf einem kleinen Plateau, auf dem sogar Bäume wachsen, eine schöne Aussicht über Lucca zu genießen. Gestern waren wir zusammen am Meer. Leider habe ich auch dieses Mal keinen Strand gefunden, der mir gefällt. Die nächste Möglichkeit ist Viareggio, allerdings ist der komplette Strand privat. Man muss also für Liegen und Schirme bezahlen und es ist wahnsinnig eng und meistens voll. Ähnlich wie in Monterosso, nur noch viel größer. Wir haben dort keine Stunde verbracht und sind dann nach Pisa gefahren. Aber auch dort haben wir es nicht lange ausgehalten, weil es einfach zu heiß war und auch so voll. Der Tag war bis zum Abend eigentlich eine komplette Katastrophe. Ich hab mir zwischendurch so doll den Zeh gestoßen, dass er geblutet hat und immer noch weh tut, wir haben überflüssig viel Geld ausgegeben, mein Handyakku war alle, mein Zopfgummi kaputt…. Eigentlich nur Kleinigkeiten. Alles zusammen hat mich wahnsinnig genervt.

Abends sind wir allerdings mit Mini, einer Ragazza, die Jayne (der Engländerin) ein Appartement vermietet hat und die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Touris mit Einheimischen bekannt zu machen, und einem Freund von ihr Essen gegangen. Nicht irgendwo in Lucca, sondern außerhalb der Stadt. Wir sind durch die schöne Toskana gefahren und haben etliche Schlenker gemacht, um wunderbare Aussichten zu genießen. Das Restaurant, in dem wir waren war wundervoll. Sehr typisch und traditionell luccheisch und dabei ganz einfach gehalten. Alle haben das gleiche Essen bekommen, den Wein gabs in Wassergläsern und der Chef hat im Service gearbeitet. Durch Mini und ihren Freund haben wir auch keine Touristenbehandung bekommen, sondern wurden sehr herzlich willkommen geheißen. Insgesamt haben wir für ein 4 Gängemenü inkl. Wein und Wasser pro Person 18€ ausgegeben! Wir hatten neben gutem Essen und einer tollen Aussicht einen schönen Abend zu viert, der die schlechte Laune des Tages hat verfliegen lassen.

Mit Mini und wechselnden anderen Leuten verbringe ich inzwischen meine Montagabende. Meistens beim Aperitivo auf einem der schönen Piazzen in Lucca. Man zahlt für einen AperolSpritz oder einen anderen Drink und kann sich an einem kleinen Buffett mit Schinken, Pane und meistens auch Oliven und Käse bedienen. Am letzten Montag waren wir allerdings in einer Bar und haben eine Affetato Misto Platte mit wahnsinnig gutem Schinken und Käse bestellt. Mit leckerem Brot und gutem Wein war der Abend einfach sehr schön. Die Abendsonne schien uns auf dem Piazza San Michele in die Gesichter und wir 4 Frauen hatten unseren Spaß. An diesen Abenden lerne ich eigentlich auch am besten italienisch, weil auch immer andere Leute dabei sind, die auch italienisch lernen und Mini und die anderen Italiener sehr geduldig mit uns sind. Stolz kann ich da behaupten, dass ich meistens besser spreche, als die anderen. Das erfreut mich. Meistens fühle ich mich, wenn ich mit Italienern spreche, schwer von Kapee. Ich verstehe schon viel mehr, als am Anfang und es fällt mir auch immer leichter einfach loszusprechen, aber ich bin noch sehr weit entfernt vom flüssigem Sprechen.

Es ist einfach schön, Leute zu treffen, die ich kenne und die bleiben. Weil es mir sonst schwer fällt Einheimische kennenzulernen. Es ist aber gerade im Ristaurante einfacher Kontakte mit Touris zu knüpfen.

Inzwischen ist es aber auch schon so, dass ich in den Cafes und Restaurants, in die ich öfter gehe, ganz andere Preise bezahle. Es gibt hier anscheinend überall Touripreise. Die sind tatsächlich einfach mehr als doppelt so hoch, wie die Preise für die Einheimischen oder die Hierbleibenden. Ein Cornetto und ein Cappuccino kostet also nur noch 2,20€ und nicht 5,00€. Ich habe ein Lieblingsrestaurant, in dem ich immer mal wieder bin, da gibt es auch immer irgendwas, was sie dann von der Rechnung nehmen und mir schenken. Sei es das Wasser oder ein Caffe. Weil sie mich kennen, das ist ein schönes Gefühl.

Aber Berlin fängt an mir zu fehlen und besonders die Menschen um mich herum. Meine Freunde und meine Familie. Es gibt immer wieder Tage, an denen ich ziemlich traurig und geknickt bin, so aus meinem Berlinerleben raus zu sein. Aber dann kommen auch immer wieder andere Tage, besonders eben die Montage, an denen ich mich hier super wohl fühle, wenn ich mit anderen unterwegs bin. Es ist ganz komisch, weil kein Gefühl von ’normalem‘ Leben entsteht. Entweder ich fühle mich pudelwohl und alles ist wunderbar oder ich fühl mich sehr unwohl und alleine. Ich hoffe mal, dass sich das noch einpendeln wird.

Hier findet momentan das „Lucca Summer Festival“. Hier treten etliche bekannte Sänger und Sängerinnen auf: Bob Dylan hat das Festival eröffnet, inzwischen war auch Elton John da. In der Nacht, in der er gespielt hat, war ich im Restaurant nur am rumrennen. Es war von 19.00 bis 24.00 eigentlich durchgehen voll. Ich mag das ja gerne, wenn ich viel zu tun hab, das war ein schöner Abend. Komischerweise ist auch trotz Reisezeit vormittags immer noch ganz schön leer im Restaurant. Es tut sehr gut, dass ich Samstag und Sonntag nur abends arbeite, dann macht es mir auch nichts aus, mal bis 1:00 zu arbeiten. Mit den anderen Frauen im Restaurant komm ich immer besser zurecht, sie tauen immer mehr auf und ich glaub ich einfach auch. An manchen Tagen arbeite ich ganz gerne, an manchen läuft alles irgendwie schief und ist anstrengend. So richtig glücklich bin ich da aber nicht. Aber dazu das beim nächsten Mal mehr. Ich guck mal, wie es weiter geht.

Liebste Grüße aus dem Süden,

eure Ronja